Die Geschichte unseres Vereins
1919-1922
Zwischen Vieburger Gehölz, Petersburger Weg und Hamburger Chaussee lag seit 1870/71 der große Exerzierplatz mit dem Finkelberg. Die Fläche diente bis 1918 der infanteristischen Ausbildung von Marinesoldaten. Es war eine Art „Kasernenhof“ des Kieler Marinestandortes draußen vor der Stadt, da in der Wik kein Platz war. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges gibt es für das Gelände keine militärische Verwendung mehr.
In der Not der Nachkriegszeit suchen viele Bürger aus den Bereichen Kreinbarg, Rendsburger Landstraße, Hamburger Chaussee und Gartenstadt-Vieburg Gärten zur eigenen Nahrungsversorgung, so dass sich das Reichsvermögensamt auf entsprechende Anfragen bereit erklärt, das Gelände einschließlich der Koppel Finkelberg parzellenweise zu verpachten. Voraussetzung war, dass in sich abgeschlossene Anlagen entstehen würden. Anfang 1920 sind alle ca. 300 Parzellen vermessen, eingezäunt und verpachtet.
21.8.1922
125 Gartenpächter vom großen Exerzierplatz gründen im Ballhaus „Zum Meilenstein“ den Gartenpächter-Verein „Großer Exerzierplatz e.V.“, der am gleichen Tage unter der Nr. 339 im Amtsgericht Kiel eingetragen wird.
Nach § 2 der Satzung hat der Verein folgende Aufgaben:
a) Kauf und Pachtung von Ländereien für die Mitglieder
b) Die Kenntnisse der Mitglieder im Gartenbau durch Abhalten von Vorträgen und Belehrungen erweitern
c) Unterstützung der Mitglieder bei der Beschaffung der zur Bebauung der Gärten erforderlichen Artikel
d) Gemeinsame Wachgänge während der Erntezeit zum Schutz der Gärten
1922-1923
Der Pachtzins steigt im Zuge der Inflation rasch von einem Pfg/ qm auf eine Milliarde Mark pro Garten. Als man den Überblick verliert, wird im Frühjahr 1923 pro 100 qm Gartenland der Gegenwert von 1 kg Roggen gefordert.
Nach Einführung der Rentenmark im November 1923 geht mit zunehmendem wirtschaftlichen Aufschwung die Nachfrage nach Gartenparzellen zurück.
17.1.1925
Der Verein benennt sich in Gartenpächterverein Kiel-Hassee e.V. um.
Die Umbenennung hängt vermutlich mit Verhandlungen mit dem Finanzamt zur Anerkennung des Vereins als gemeinnützig zusammen.
1933-1935
Der Verein muss sich am 5.1.1934 aufgrund der Überführung der Kleingartenvereine in den Reichsbund erneut umbenennen, diesmal in Kleingärtner-Verein Kiel-Hassee e.V.
Es folgt die Gleichschaltung mit Aufgabe demokratischer Regeln zugunsten des Führerprinzips, die Vorsitzenden und Stellvertreter werden nun nicht mehr gewählt, sondern ernannt; ab 1933 als Vereinsleiter; ab 1935 als Vereinsführer. 1936 werden aus den Mitgliedern „Gartenkameraden“, Teilnahme an Sitzungen und Schulungen werden zur Pflicht.
Eine weitere Krise für den Verein entwickelt sich aus der ab 1933 geplanten Bebauung des Großen Exerzierplatzes. Das Gelände war von der Finanzdirektion an eine Bau-Genossenschaft verkauft worden und sollte für eine erweiterte Gartenstadt mit relativ großflächigen Einzelgrundstücken genutzt werden. In 1935 wurden 340 von etwa 420 Kleingärten gekündigt, der Verein schrumpfte von 1933 bis 1935 von 480 auf 167 Mitglieder.
1937-1939
1937 werden auf einer 2,5 ha großen Koppel aus dem Besitz der Lenschien Erben neue Gärten angelegt, die Flächen Vieburg, Studentenberg- und Drachensee erschlossen. Bis 1939 steigt die Zahl der Mitglieder auf rd. 500 an.
Durch den ersten Generalpachtvertrag mit der Stadt gibt es seit 1938 für den Verein etwas mehr Sicherheit. Die Pacht beträgt 3 RPf/qm, der Mitgliedsbeitrag wird auf 7,50 Rm festgelegt. Die Pacht ist nunmehr an den Verein und nicht mehr wie zuvor an das Finanzamt zu zahlen.
1939-1945
Mit Beginn des Krieges verliert der Verein den letzten Rest an Eigenständigkeit und wird zu einer Art „Ortsgruppe“ des Reichnährstandes. Er muss Saat- und Pflanzgut sowie Zucker für die Bienenhalter zuteilen, Düngemittel verteilen, die Kleintierhaltung in den Gärten kontrollieren, Obstsammlungen für Lazarette organisieren, später sogar den Gemüseanbau kontrollieren. Seit 1942 wird eine vereinseigene Obstpresse betrieben, ab 1943 auch eine Dosenverschlussmaschine.
Erheblichen Ärger im ganzen Vereinsgebiet bereiten die Nebeltonnen der Luftabwehr: Rund um Kiel ist ein Kranz von Kunst-Nebel-Geräten angelegt worden, von dem aus die Stadt je nach Windrichtung bei Luftangriffen eingenebelt wird. Es handelt sich um einen säurehaltigen Stoff, der im Nahbereich der Tonnen erhebliche Pflanzenverbrennungen hervorruft. 1943 und 1944 sind ganze Heckenabschnitte am Aubrook, Drachensee oder Finkelberg schon im
Frühjahr kahl, das Gartengemüse ist ungenießbar. Auch mit den zahlreichen Bombentrichtern muss der Verein weitgehend alleine klar kommen; allein am Aubrook, also in der Nähe der Firma Elac, werden 130 Trichter gezählt.
1945-1950
Der demokratische Neuanfang wird mit Neuwahl des Vereinsvorstands am 7.4.1946 eingeleitet, immer noch geprägt von der Mangelwirtschaft und ihren Begleiterscheinungen. Saatgut- und Düngemittelverteilung gehen weiter; hinzu kommen Kartoffelkäferbekämpfungen, Pflichtspritzungen und Kontrolle des verbreiteten Tabakanbaus im Auftrage der Zollverwaltung.
Von 1945 bis 1949/50 werden die Gärten des Vereins von einer Einbruchswelle heimgesucht. Man sieht sich genötigt, einen eigenen Wachdienst zu organisieren. Die Teilnahme wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung zur Pflicht gemacht, Verstöße können bis zum Entzug des Gartens geahndet werden.
Städtebauliche Entwicklungen und eigener Strukturwandel sorgen nach der Währungsreform 1949 für wachsende Aufgaben. Die ersten Anlagen müssen aufgegeben werden, so am Wulfsbrook , die Beckmann-Koppel (am Hamburger Baum ), die Steffenskoppel, die Stubbenkoppel, die Spargelkoppel und Vieburg V. Neu geschaffen werden die Lorenzen-Anlage und die beiden Neelsen-Koppeln.
Es herrscht große Nachfrage nach Kleingärten für die Ernährung der Familie und als Ausgleich für beschädigte oder beengte eigene Wohnungen. Verstärkt wird der Bedarf durch die große Zahl der Vertriebenen. Der Mitgliedsbestand steigt von 630 im Jahr 1944 über 1.045 im Jahr 1947 auf 1.650 im Jahr 1949.
1950-1970
Ähnlich wie nach 1923 geht mit beginnenden Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach Gartenparzellen und die Mitgliederzahlen zurück. Hat der Verein in 1950 noch 1.500 Mitglieder, so sind es 1968 nur noch 750.
1961 wird der Bau eines Gebäudes für die Geschäftsstelle des Vereins auf der Anlage Vieburg/ Studentenberg beschlossen. 1962 beginnt der Bau in Eigenhilfe, im Dezember 1964 kann die Geschäftsstelle bezogen werden.
Als Folge des Wohlstandes entstehen ab ca. 1960 auffallend unterschiedliche Nutzungsformen der Kleingärten: Auf der einen Seite entwickeln sich Nutzgärten zu Freizeitgärten, auf der anderen Seite gibt es das neue Phänomen der unbewirtschafteten, teilweise sogar verwahrlosten Gärten, weil sich manche Pächter oft kurzfristig neuen Hobbys zuwenden und ihren Garten sich selbst überlassen.
21.8.1972
50-jähriges Bestehen des Vereins
1976-1980
Es entsteht der Plan, die beim Bau des benachbarten Fernsehturm genutzte und nach dessen Fertigstellung leerstehende Baubaracke für ein Vereinshaus zu erwerben. Auf der Jahreshauptversammlung am 20.2.1976 wird beschlossen, den Kauf durch eine Umlage von 20 DM pro Mitglied zu finanzieren. Der Umzug und Wiederaufbau der Baracke als Nebengebäude der Geschäftsstelle, der überwiegend in Eigenhilfe erfolgt, zieht sich bis Ende 1978 hin. Die aktive Mitarbeit der Gartenfreunde bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Die erste Jahreshauptversammlung im neuen Vereinshaus findet am 21.3.1980 statt. Die Mehrheit der Mitglieder stimmt für den Namen: „Haus der Hasseer Gartenfreunde.“
28.2.1983
Das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) tritt in Kraft. Das bis dahin geltende Reichsrecht von 1919 und nachfolgende Landesverordnungen werden so durch ein bundeseinheitliches und verfassungskonformes Rechtssystem ersetzt.
Auch unser Kleingartenverein passt sich an das neue Recht an.
1980-2000
Der Aufwand bei Pächterwechsel nimmt zu. Es ist oft nicht möglich, die unterschiedlichen Erwartungen von Vor und Nachtpächtern mit den geltenden Regeln in Einklang zu bringen.
1995 zieht der Verein aus den wachsenden Schwierigkeiten zwei grundlegende Konsequenzen:
1. der vom Nachpächter nach Maßgabe der Schätzung zu zahlende „Abstand“ wird vom Verein eingezogen. Er wird erst ausbezahlt, wenn alle Auflagen erfüllt sind.
2. Pachtverträge werden zunächst für ein Jahr auf Probe abgeschlossen. Ist die ordnungsgemäße Gartenbewirtschaftung sichergestellt, werden sie danach unbefristet verlängert.
Diese Regelungen sind mit den geltenden Gesetzen nicht in Übereinstimmung zu bringen und müssen alsbald wieder aufgegeben werden.
2020-2021
Corona-Pandemie mit sog. Lockdown (u.a. Schließung von Gaststätten und Freizeiteinrichtungen, Beschränkung privater Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum auf höchstens die Angehörigen eines Haushalts zuzüglich einer weiteren Person je Tag und Haushalt mit einer Höchstzahl von insgesamt fünf Personen).
Diese Beschränkungen führen zu einer enormen Nachfrage nach den Kleingärten des Vereins. „Die Leute standen Schlange bis weit vor die Geschäftsstelle“.
21.8.2022
100-jähriges Bestehen des Vereins